Unter dem Motto “Monitoring – was geht?” drehte sich bei der diesjährigen GOVERMEDIA alles um die Möglichkeiten und Grenzen des Social Media Monitorings. Seit 2010 wird diese dreitägige Veranstaltung jährlich von der Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation (AIK) in Strausberg bei Berlin organisiert. Zur Zielgruppe, die dieses Symposium ansprechen möchte, zählen insbesondere Vertreter von Behörden, die zu Zeiten des Web 2.0 in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit involviert sind. Dem vielversprechenden und abwechslungsreichen Programm folgten etwa 70 Teilnehmer, um sich in diversen Fachvorträgen und Diskussionen auszutauschen.
Zum Auftakt des ersten Abends warf Fiete Stegers, Redakteur beim NDR, einen kritischen Blick auf die Bundeswehr. Er machte deutlich, dass auch eine Organisation der Regierung mit Humor glänzen kann, wie der neuerliche Auftritt der CIA bei Twitter eindrucksvoll beweist:
Eindrucksvoll, weil dieser erste Tweet der CIA sensationelle 300.000 (dreihunderttausend!) Mal retweetet wurde und damit zeigt, dass auch eine Behörde mit etwas Mut und Witz im Social Web viel Resonanz erfahren kann.
Stegers bot in seinem Bundeswehr-Check einen guten Überblick über ihre Social Media Aktivitäten auf Twitter, Facebook und Youtube und scheute sich nicht, diese kritisch zu bewerten und den Verantwortlichen Handlungsempfehlungen zu geben.
Deutsche Behörden im Zwiespalt
Der folgende Tag stand ganz im Zeichen des Zwiespalts deutscher Behörden im Hinblick auf Social Media: Einerseits ist dank Monitoring vieles möglich, mess- und protokollierbar. Auf der anderen Seite stehen datenschutzrechtliche, moralische und ethische Bedenken dem Einsatz von Monitoring-Tools entgegen. Die Grenze zwischen reiner Informationsbeschaffung und Überwachung ist fließend. Gerade in Zeiten eines viel diskutierten NSA-Skandals bedeutet angewandtes Monitoring, eine Gratwanderung zu meistern. Da staatliche Organisationen hier besonders im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen und sich potentiell dem Überwachungsverdacht ausgesetzt sehen, sind Transparenz, Aufklärung und Fingerspitzengefühl gefragt. Gesetzliche Regelungen fehlen noch. Angst und Unsicherheit sind die Folge. Die aktuell noch ausstehende Entscheidung zur EU-Datenschutzverordnung wird hier hoffentlich einen klaren rechtlichen Rahmen vorgeben.
Die Zusammensetzung der Referenten verstärkte den Eindruck der Unsicherheit. Während Dr. Alexander Dix als Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Berlin dem Einsatz von Social Media (wohl berufsbedingt) sehr kritisch gegenübersteht und von einer aktiven Nutzung von Facebook und Google+ abrät, zeigte Melanie Arens von TNS Infratest die Entwicklungsstufen des Social Media Monitorings auf und machte den Weg von der Webanalyse zur Social Intelligence deutlich. Eben dieser Begriff der “Intelligence” sei es, der vielen Verantwortlichen Sorgen bereite und den Einsatz von Monitoring-Tools behindere, so der Kommandeur der Akademie Christian Dienst.
Einblicke, wie sich Informationen im Social Web verbreiten
Prof. Dr. Oliver Hinz von der TU Darmstadt sorgte schon zu Beginn seines kurzweiligen Vortrags für etwas Aufsehen. Auf Wunsch der Organisatoren der GOVERMEDIA wurden seine geplanten Ausführungen zur Influencer-Analyse gestrichen, wie er eher beiläufig angab. Der gezielte Einsatz von Monitoring ermöglicht aber auch gerade dies: die Identifizierung von Personen, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Verbreitung von Informationen haben. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Nutzung dieser gezielten Profilbildung sicherlich wertvoll, wenn auch moralisch bedenklich. Und so gewährte Prof. Dr. Hinz Einblicke in die aktuellen Forschungsergebnisse seiner Studie “Wie sich Informationen über soziale Netzwerke verbreiten”.
Häufig genannt: der Begriff „Datenschutz-Paradoxon“
Ein oft genutzter Begriff war das “Datenschutz-Paradoxon”, den Dirk Hinrich Heilmann vom Handelsblatt Research Institute später in seinem gleichnamigen Vortrag erläuterte. Nutzer sozialer Netzwerke fordern Datenschutz, verhalten sich jedoch nicht entsprechend. Mechanismen, die einen höheren Datenschutz bieten, wie z.B. die von Heise entwickelte 2-Klick-Lösung, beeinflussen die Viralität nachweislich negativ.
Prof. Dr. Hinz erläuterte an einem Feldexperiment, wie sich Likes auf das Kaufverhalten auswirken. Das Ergebnis zeigte, dass sich Nutzer durch ein Social Plugin durchaus zu einer Verhaltensänderung bewegen lassen. In dem konkreten Beispiel wurde ein Produkt einer Treatmentgruppe mit, und einer Kontrollgruppe ohne Facebook-Likes gezeigt. Die Conversionrate der Treatmentgruppe lag um 22% höher, der Umsatz stieg um 12,9%. Der ökonomische Effekt eines Likes muss hier in einen Qualitätseffekt, analog einer Empfehlung, und den Ansteckungseffekt (“muss ich auch haben”) unterteilt werden.
Zieldefinition als Grundlage für erfolgreiches Monitoring
Der Frage “Was sind die Erfolgsfaktoren im Social Media Monitoring?” ging Anna-Maria Zahn von der ForschungsWeb GmbH auf den Grund. Dabei wurde deutlich, dass Social Media Monitoring kein Selbstzweck ist, sondern bereits vor dem Einsatz eine genaue Zieldefinition erfolgen sollte.
Der letzte Tag widmete sich hauptsächlich verschiedenen Workshops und Best Practice Tipps zum Einsatz von Social Media Monitoring. Eine der wichtigsten Fragen – so der Tenor – ist die Zielsetzung: Was will, was kann ich mit Monitoring erreichen? Verschiedene Tools wurden einem Live¬-Test unterzogen. Talkwalker, Sysomos und uberMetrics traten gegeneinander an und sollten verschiedene Aufgabenstellungen bewältigen. Die Ergebnisse hinsichtlich quantitativer Erfassung relevanter Daten wichen teilweise überraschend voneinander ab, wobei nicht wirklich klar wurde, worin die Ursachen zu suchen sind. Eine gegenwärtig noch nicht zufriedenstellend gelöste Herausforderung ist die Segmentierung in Sentiments. Eine automatisierte Einteilung nach Stimmungen erfolgt derzeit nur unzulänglich. So sind etwa Videos, Bilder aber auch Ironie nicht erkennbar. Wichtiger Bestandteil eines Monitorings sollte jedoch sein, ein Verständnis für die öffentliche Meinung zu erhalten, diese abzubilden und aus diesen Erkenntnissen heraus notwendige Maßnahmen abzuleiten.
Ein interessantes Statement gab es von John-Philip Hammersen, Leiter Presse und Marketing der Bundesagentur für Arbeit. Er betonte den Unterschied zwischen veröffentlichter Meinung, öffentlicher Meinung und der Reputation am Beispiel der Bundesagentur für Arbeit.
Fazit:
Drei Tage volles Programm, in dessen Rahmen viele Standpunkte und unterschiedliche Sichtweisen ein spannendes Thema beleuchteten.
Social Media Monitoring: Nicht alles, was möglich ist, sollte auch gemacht werden.
Ein besonderer Dank geht an die Organisatoren, die durch ihr persönliches Engagement die GOVERMEDIA zu einer ernstzunehmenden Alternative zu anderen Veranstaltungen entwickelt haben. Dieses Event hat auch im kommenden Jahr einen festen Platz in meinem Terminkalender!
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